Forschungsprojekt

7 Jul 2016

Studie zum Einfluss von Text-Bild-Beziehungen auf Verständlichkeit von Instruktionen in Leichter Sprache

Im Rahmen Ihrer Master-Thesis erarbeitete Cordula Wünsche eine Studie, welche sich mit dem positiven Einfluss auf die Rezeption von Text-Bild-Beziehungen in Instruktionen in Leichter Sprache auseinandersetzt. Motivationale Aspekte infolge gezielter Informationsaufbereitung und Informationsgestaltung von Text und Bild standen dabei im Vordergrund. Hauptaugenmerk lag auf der inhaltlichen Beziehung zwischen Text und Bild, wobei berücksichtigt wurde, dass sich bestimmte Inhalt besser in Text respektive in Bildern darstellen lassen. Auf keinen Fall sollten die Bilder aus dekorativen oder illustrativen Gründen mit dem Text kombiniert werden.

Das Konzept der Leichten Sprache praktiziert die Verwendung von Bildern in Kombination mit Text, denn Bilder sollen Textinhalte visualisieren, einen Text gliedern und zum besseren Verstehen beitragen – vorausgesetzt, die Informationen in Text und Bild sind tatsächlich miteinander verzahnt. Im Umfeld der Leichten Sprache finden sich keine Erhebungen zur Anwendung von Text-Bild-Beziehungen durch Menschen mit Lernschwierigkeiten. Die Studie leistet einen Beitrag auf dem Weg, Leichte Sprache zu evaluieren und anwendungsnahe Standards (insbesondere in Instruktionstexten) zu entwickeln.

Ihre Arbeit stützt Frau Wünsche auf Expertisen und Forschungsergebnisse zu motivationalen Aspekten von Bernd Weidenmann (1988, 1993, 2002) und Joan Peeck (1993). Sie untersuchte folgende Hypothesen: Bild-Text-Beziehungen beeinflussen die Informationsvermittlung positiv. Bilder lockern Lesetexte auf und motivieren zum Weiterlesen. Die Verarbeitung von verbaler Information fällt leichter, wenn ein Bild vorhanden ist. Die Verarbeitung von visueller und verbaler Information fällt leichter, wenn zuerst das Bild gelernt bzw. gesehen wird. Ein Text in Leichter Sprache wird besser verstanden, wenn das Bild die beschriebenen Informationen noch einmal wiedergibt (Redundanz). Komplementäre Informationen im Bild führen zu Unsicherheit oder Missverstehen.

Frau Wünsche hat als Testmethodik fünf Anleitungen mit gleichem Informationsgehalt gestaltet, wobei jeder Proband drei Anleitungen in unterschiedlicher Reihenfolge schrittweise ausführte:

  1. Eine Anleitung in reiner Textform
  2. Eine Anleitung mit komplementärer Text-Bild-Beziehung mit dem Leitmedium Bild
  3. Eine Anleitung mit komplementärer Text-Bild-Beziehung mit dem Leitmedium Text
  4. Eine Anleitung mit kongruenter Text-Bild-Beziehung mit dem Leitmedium Bild
  5. Eine Anleitung mit kongruenter Text-Bild-Beziehung mit dem Leitmedium Text

In einem Usability-Test (Eye-Tracking-Verfahren) wurden die verschiedenen inhaltlichen und räumlichen Text-Bild-Beziehungen in Bedienungsanleitungen anwendungsorientiert untersucht. Die Blickbewegungsmessung lieferte aussagekräftige Argumente darüber, dass der Einsatz von Bildern bedeutungsvoll für die richtige Ausführung und Verständlichkeit von Instruktionen ist. Außerdem gab das Verfahren Aufschluss, welche Text-Bild-Beziehung die geeignetste für die Verwendung in Leichter Sprache ist und wo das Bild platziert werden sollte.

Ein Aspekt, der mit dem motivationalen Ansatz der Studie einhergeht, ist die Abbruchrate je Anleitungstyp. In der Textanleitung ist sie signifikant. Die geringen Abweichungen zwischen der komplementären und kongruenten Text-Bild-Beziehung können als ein Indiz für ein gleich gutes Verstehen beider Anleitungstypen gelten. Durch das Hinzufügen von Bildern in den Anleitungen waren die Probanden motivierter, der Anleitung weiter zu folgen. Bilder haben demnach vermeintliche Hürden in der textuellen Beschreibung genommen und erlauben somit einen effizienteren Umgang mit der Anleitung. Alle Probanden haben die Bilder aufmerksam durchmustert. Als Motivation dafür kann die Ausführungsleistung angesehen werden.

Wenn das Bild das Leitmedium war, zeigten sich zudem die Ergebnisse weniger fehlerhaft als wenn der Text zuerst stand. Dieses spannende Resultat trat sowohl bei der kongruenten als auch bei der komplementären Anleitungsform auf.

Die Hypothese, nach der die Probanden mit der kongruenten Anleitung deutlich optimalere Ergebnisse schaffen können als mit den komplementären Anleitungen und der Textanleitung, hat sich nicht signifikant bestätigt. Die Probanden erzielten minimal fehlerfreiere und schnellere Ergebnisse mit der kongruenten Anleitung. Die Ergebnisse lassen jedoch den phänomenalen Schluss zu, dass die Probanden in der Lage sind, die Informationen aus Text und Bild zu entnehmen und zu kombinieren, so dass sie die Kongruenz/Redundanz in einer Instruktion nicht unbedingt benötigen.

Cordula Wünsche hat ihre Studie im Rahmen einer Postersession auf der Tagung „Leichte Sprache im Spiegel theoretischer und angewandter Forschung“ in der Universität Leipzig vorgestellt. Dazu erscheint ein detaillierter Beitrag im Tagungsband, welcher im März 2017 vom Verlag Frank & Timme, Berlin veröffentlicht wird.

Wünsche_Poster

Projektdaten:

Mitwirkende: Prof. Dipl.-Grafikdesignerin Kerstin Alexander, M. A. Tech. Red.
Cordula Wünsche